Dass das Ablegen eines Geständnisses sich strafmildernd auswirken kann und auch wird, ist allgemein bekannt. Dass hingegen dem Angeklagten das Leugnen der Tat nicht negativ angelastet werden darf, scheint hingegegen noch nicht in jedem Gerichtssaal angekommen zu sein.
In einem kürzlich veröffentlichten Beschluss hat der Bundesgerichtshof erneut darauf hinweisen müssen, das zulässiges Verteidigungshandeln weder hangbegründend, noch als Anknüpfungspunkt für die Gefährlichkeit eines Täters verwertet werden darf, Aktenzeichen BGH 1 StR 320/14. Wenn der Angeklagte die Tat leugnet, bagatellisiert oder einem anderen die Schuld an der Tat zuschiebt, ist dies grundsätzlich zulässiges Verteidigungshandeln, so der BGH. Die Grenze sei erst erreicht, wenn das Leugnen, Verharmlosen oder die Belastung des Opfers sich als Ausdruck besonders verwerflicher Einstellung des Täters darstellt, etwa weil die Falschbelastung mit einer Verleumdung oder Herabwürdigung oder der Verdächtigung einer besonders verwerflichen Handlung einhergeht.
Erlaubt sind also die Frage an das Tatopfer "Warum lügst Du?", das Dulden einer Falschaussage, das Abstreiten einer einschlägigen, rechtskräftig abgeurteilten Vortat, usw..
Konsequenter Weise hat der Bundesgerichtshof das Urteil der Strafkammer in diesem Verfahren auch insoweit aufgehoben, als dass das Landgericht dem Angeklagten negativ auslegte, dass er "seine Taten bis zum heutigen Tage abstreite".
Gut so! Alles andere liefe nämlich mehr oder weniger auf eine Pflicht des Angeklagten zum Ablegen eines Geständnisses hinaus. Denn sonst würde ihm strafschärfend angerechnet werden, dass er die Tat nicht eingestanden hat. Eine Pflicht zur Selbstbelastung ist dem deutschen Strafprozessrecht indes fremd. Im Gegenteil sagt der nemo-tenetur Grundsatz dazu gerade aus, dass sich niemand selbst belasten muss.