Wer einen Steuerbescheid erhält und gegen die Festsetzung im Einspruchsverfahren zu Felde ziehen will, der stellt nicht selten einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Der Steuerpflichtige kann damit die Möglichkeit erhalten, die durch den Bescheid zu zahlenden Steuern so lange nicht entrichten zu müssen, bis über den Einspruch entschieden worden ist. Dies kann - je nach Fall - einige Jahre in Anspruch nehmen.
Fällt die Entscheidung dann gegen den Steuerpflichtigen aus, dann folgt schon mal ein böses Erwachen: Das Finanzamt setzt Zinsen fest und das nicht gerade wenig. Nach § 238 AO beträgt der Zinssatz ein halbes Prozent pro Monat, umgerechnet muss der Steuerpflichtige also seine Steuerschuld mit 6% per anno verzinsen. Da kann schon einiges zusammenkommen. Grund für die Verzinsung ist es, den Nutzungsvorteil des Steuerpflichtigen während der Dauer der Aussetzung abzuschöpfen.
Der Steuerpflichtige kann nämlich für die Dauer der Aussetzung über das Geld verfügen und erhält somit einen Vorteil gegenüber anderen, die ihre Steuern pünktlich zahlen. So weit, so gut.
Seit einigen Jahren ist jedoch das Zinsniveau in Deutschland so niedrig, dass der Vorteil über das Geld verfügen zu können immer kleiner wird. Damit beschäftigt sich auch die Rechtssprechung. Hat der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung aus dem Jahre 2014 noch geurteilt, dass jedenfalls bis zum Jahr 2011 die Höhe der Verzinsung von Rechts wegen nicht zu beanstanden ist (abgedruckt in DStRE 2014, 1453), scheint nunmehr ein Umdenken stattzufinden und dies bereits bei den Finanzämtern.
So gehen beispielweise die hiesigen Finanzämter dazu über, bei Einsprüchen über die Zinsfestsetzung für die Zeiträume nach 2011 derzeit keine Entscheidungen über die Höhe der Zinsen zu treffen. Insoweit werden die Verfahren ausgesetzt, um weitere Weisungen aus dem Finanzministerium oder der Oberfinanzdirektion abzuwarten. Für Steuerpflichtige, die beispielsweise Ihre Steuerschuld bei der Einkommensteuer verzinsen müssen bedeutet dies: Sie dürfen sich berechtigte Hoffnungen darauf machen, dass schon seitens des Finanzamtes weniger Zinsen festgesetzt werden als § 238 AO vorschreibt.
Ob es letztlich dazu kommt oder die Finanzämter trotzdem den hohen Zins im Bescheid festsetzen, bleibt natürlich abzuwarten. Ein Klageverfahren gegen die Höhe der Zinsen ab dem Zeitraum 2011 dürfte jedoch die Erfolgsaussicht nicht zu verwehren sein.
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Ihr Rechtsanwalt Tim Brühland
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Strafrecht