Balkonreparatur an einem Baudenkmal - In den Mühlen der Behörden
Die Mandantin ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses aus dem Jahre 1910, das unter Denkmalschutz steht. Bei Fassadenarbeiten stellte sich heraus, dass die Standsicherheit der auf der Rückseite des Hauses vorhandenen Balkone aufgrund von Durchrostungen der ursprünglichen Stahlträgern nicht mehr gewährleistet war. Daraufhin entfernte die Mandantin die Betonplatten und Stahlstützen der alten Balkone, montierte neue Balkonrahmen mit neuen horizontalen Stahlträgern und einer vertikalen Stahlstütze.
Die erforderliche denkmalrechtliche Erlaubnis wurde der Mandantin von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt nachträglich erteilt. Die Erteilung der gleichfalls erforderlichen Baugenehmigung lehnte das Bauaufsichtsamt der Stadt indes ab, weil die - (seit Errichtung des Hauses im Jahre 1910 mit einem Abstand von nur 2,50 m zur seitlichen Nachbargrenze vorhandenen) - Balkone die seitlichen Abstandsflächen nicht einhielten. Der Austausch der Balkone habe eine Veränderung der Wand zum Nachbargrundstück bewirkt, die Baumaßnahme komme einer Neuerrichtung gleich. Aus diesem Grunde sei der Bestandsschutz des Hauses erloschen.
Damit saß die Mandantin zwischen allen Stühlen: Als Eigentümerin des denkmalgeschützten Hauses war sie verpflichtet, das Gebäude instand zu halten und zu erhalten; hierzu gehörte auch die vorliegende Balkonsanierung als erforderliche Instandsetzungsmaßnahme. Zugleich führte die Instandsetzung aber auch dazu, dass die reparierten Balkone nur einen seitlichen Grenzabstand von 2,50 m aufwiesen - ebenso wie seit der Errichtung des Hauses die ursprünglich vorhandenen Balkone. Aus Sicht der Unteren Bauaufsichtsbehörde der Stadt war dies baurechtlich illegal!
Das OVG NW bestätigte im Berufungszulassungsverfahren, dass es sich bei der Balkonsanierung um eine „schlichte Reparaturmaßnahme“ handelte. Bereits der Umstand, dass die Untere Denkmalbehörde der Stadt die denkmalrechtliche Erlaubnis nach § 9 DSchG zum Austausch der Balkone erteilt habe, verdeutliche, dass es sich nicht um ein den Charakter des denkmalgeschützten Hauses verändernde Maßnahme handelte. Mithin gehe es nicht um „neue“ Balkone oder um eine „Neuerrichtung“ von Balkonen, so dass eine geringere Tiefe der Abstandsfläche gemäß § 6 Abs. 15 Nr. 3 BauO NW a.F. (aktuell: § 6 Abs. 11 BauO NW) zulässig ist.
(OVG NW, Beschl. v. 05.12.2018, Az. 2 A 1319/17)